Grundsicherungsleistungen SGB XII – Werkstatt für behinderte Menschen - Schwerbehinderung

Das Sozialgericht Detmold hat der Klägerin mit seiner Entscheidung vom 14.08.2018 – S 2 SO 15/18 – Grundsicherungsleistungen zugesprochen, die die Beklagte ihr auf Grund einer Neufassung der Regelung des § 45 Satz 3 Nr. 3 SGB XII verwehrt hatte.

Die 19-jährige Klägerin, aufgrund einer Trisomie 21 schwerbehindert mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen G und H, musste aufgrund der Entscheidung der Beklagten bereits ein Jahr lang auf 416 Euro monatlich verzichten, muss dies weiterhin bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Sozialgerichts tun und also bis dahin weiter nur mit ihrem monatlichen Werkstatt-Entgelt von 80 Euro auskommen.

Die Beklagte hatte argumentiert, sie sei daran gehindert, die Voraussetzungen des Vorliegens einer dauerhaften Erwerbsminderung festzustellen. Hierfür sei ein Ersuchen an den Rententräger zu richten, wobei aber durch die seit 01.07.2017 geltende Neuregelung des § 45 Satz 3 SGB XII Ausnahmen festgelegt worden seien. In ihrem Fall dürfe die Beklagte jedoch kein Ersuchen an den Rentenversicherer richten.

Das Gericht stellte klar, dass diese Auslegung der Vorschrift fehlt geht. Selbst bei einer Auslegung nach dem reinen Wortlaut, werde lediglich das Ersuchen entbehrlich. „Dann müsste aber die Sozialbehörde selbst die volle Erwerbsminderung auf Dauer prüfen, da dann lediglich die Zuständigkeitsverschiebung aufgehoben wäre.

Bei systematischer Auslegung sei jedoch deutlich zu erkennen, dass der Gesetzgeber in den genannten Fällen keine weitere Prüfung mehr wünsche, sondern die volle Erwerbsminderung auf Dauer unterstelle.

„Denn bei einem schwerbehinderten Menschen, der in den Eingangs- oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen aufgenommen worden ist, ist bereits davon auszugehen, dass dieser dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. Die Werkstatt für behinderte Menschen ist ein geschützter Bereich für die behinderten Menschen, der nicht zum allgemeinen Arbeitsmarkt gehört.“

„Der Eingangs- und Berufsbildungsbereich dient nicht mehr der Prüfung, ob der Proband vielleicht doch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann. In dieser Phase geht es vielmehr darum, wie und wo der Proband einen seinen Funktionseinschränkungen und seinen Interessen gerecht werdenden Platz in der Werkstatt für behinderte Menschen finden kann oder ob er vielleicht sogar so sehr eingeschränkt ist, dass auch dieses nicht mehr möglich ist.“

Im Sinne der Kläger haben auch bereits das Sozialgericht Augsburg (16.02.2018 – S 8 SO 143/17), in zweiter Instanz beim LSG FSB – L 8 SO 43/18 – anhängig, und das LSG Hessen am 28.06.2018 – L 4 SO 83/18 B ER entschieden (Vorinstanz SG Gießen).

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